Umsetzen mit (trotz) ADHS – so geht’s!

Wissen täte ich es schon - und wollen auch - aber machen tue ich es nicht.

ADHS und das Umsetzen von Ideen, Plänen und Vorhaben... das ist so eine Sache.

Oft wundern sich Menschen mit ADHS (und deren Umfeld ebenso), warum sie das, was sie vorhaben immer wieder nicht tun. Sie wollen es. Sie nehmen es sich auch vor. Nur - dann tun sie es nicht. 

Warum? 

Das ist eine gute Frage!

Neurophysiologisch gesehen ist es so, dass das zwar einfach klingt "einfach machen", aber so einfach ist es eben nicht.

Denn, was heißt eigentlich "machen" bzw. "ein Vorhaben umsetzen"?

"Machen" bzw. "Umsetzen" ist ein komplexer Vorgang. Die Hauptrolle dabei spielt das Frontalhirn mit seiner Aufgabe, unsere Exekutiv-Funktionen auszuführen. Exekutiv-Funktionen heißt nichts anders als "Ausführungs-Funktionen". Also alles, was man tut und braucht, wenn man eine Handlung ausführen - oder eben etwas gezielt umsetzen will.

So geht "umsetzen": die Exekutiv-Funktionen

Da wären:

  1. etwas zur Priorität erheben, es als "vorrangig gegenüber anderen Dingen" zu erklären
  2. die Entscheidung treffen, diese Sache in die Umsetzung zu bringen, also einen inneren Entschluss zu fassen "ja, ich mache das!" (im Gegensatz zum "Ideen-Stadium" von "ich müsste eigentlich mal...")
  3. einen konkreten Plan machen, oder zumindest den nächsten konkreten Schritt definieren
  4. die Umsetzung organisieren, also z.B. ein Zeitfenster einplanen, einen geeigneten Arbeitsort aufsuchen, die nötigen Dinge vorbereiten, etc.
  5. sich aktivieren und anfangen
  6. dranbleiben, auch wenn es schwierig wird

In allen Stadien liegt immenses Potenzial zum Scheitern: etwas nicht zur Priorität machen, anderen Dingen den Vorzug geben. Etwas nicht konkret entscheiden, es im "könnte, müsste, wäre gut - Stadium" halten. Es nicht planen und nicht organisieren, sondern denken, das pure Vorhaben "ja, das mache ich dann..." würde ausreichen. Sich nicht aktivieren und den Startknopf nicht finden. Anfangen und dann zu früh aufhören oder aufgeben.

Das alles ist ADHS-bedingt schwierig.

Aber man kann jede einzelne Exekutiv-Funktion bzw. Umsetzungsfähigkeit trainieren und damit die eigenen Umsetzungskompetenzen verbessern.

10 Tipps für eine bessere Umsetzung

  1. 1
    Vergeben Sie klare Prioritäten und committen Sie sich innerlich zu 100%. Achtung: "Priorität" heißt  nicht 10-20 Dinge, sondern 1-3 Dinge. 
  2. 2
    Visualisieren Sie Ihre Ziele und Vorhaben, sodass Sie sie sehen. Das Gehirn gerät viel zu schnell auf Abwege...
  3. 3
    Machen Sie sich einen konkreten Plan für die Umsetzung bzw. für den nächsten Schritt: was? wann? wo? wie? mit wem?
  4. 4
    Organisieren Sie die Umsetzung. Planen Sie die nötige Zeit ein, installieren Sie Erinnerungshilfen.
  5. 5
    Verteidigen Sie Ihr Vorhaben nach aussen und nach innen. Schützen und priorisieren Sie Ihr Vorhaben und den geplanten Zeitraum. Setzen Sie sich durch. Auch gegenüber sich selbst, dem inneren Schweinehund, neuen Ideen, etc.
  6. 6
    Akquirieren Sie die nötigen Unterstützer, Menschen, die handfest etwas tun oder Sie einfach emotional und motivational unterstützen.
  7. 7
    Trainieren Sie das "Anfangen". Tipps dazu finden Sie z.B. hier und hier und im Schmetterling-Club.
  8. 8
    Üben Sie das "Dranbleiben". Jede Anfangs-Euphorie und jeder Anfangs-Schwung lässt nach. Werfen Sie die Flinte dann nicht ins Korn. Dranbleiben heißt die Gefühle von Langeweile, Frust und Mühe zu akzeptieren und trotzdem weiter zu machen.
  9. 9
    Ich wollte 10 Tipps geben, weil 10 "schöner" ist, als 8. Aber es sind leider nur diese 8.
  10. 10
    Also mache ich die 10 einfach so noch voll 😆

Der Umsetzungs-Saboteur Nr. 1

Das ist alles schön und gut und die obigen Tipps helfen auch - solange man nicht dem Saboteur Nr. 1 anheim fällt.

Der Umsetzungs-Saboteur Nr. 1 ist: kein WARUM zu haben.

WARUM soll ich diese Aufgaben machen???

WARUM habe ich das vor, was ich vorhabe???

WARUM steht das auf meiner TO-DO-Liste???

Weil ich es sollte? müsste? weil man das eben so macht? weil die anderen das von mir erwarten? weil es mir jemand vorgegeben hat? weil alle anderen es genauso machen?

All das sind valide Gründe. Aber eben externe bzw. verkopfte Gründe. Gründe ohne intrinsische Motivation, Gründe ohne "Ja, ich will!", Gründe ohne Freude, Gründe ohne ein echtes Commitment.

Und da haben wir den Salat: unter diesen Voraussetzungen will das Frontalhirn seine volle Leistung mit den Exekutiv-Funktionen nur unter Androhung von negativen Konsequenzen erbringen. (Das ist jetzt vereinfacht gesagt, aber lassen wir es für diesen Artikel mal so.)

Im Klartext: wenn wir kein EIGENES WARUM haben, werden wir es mutmaßlich trotz aller Prioritäten, Entschlüsse, Planungen und Organisationshilfen nicht machen. Wir "wollen" nicht. Bzw. das ADHS-Gehirn will nicht und damit fällt die Umsetzung dann umso schwerer.

Was ist die Lösung?

Die Lösung ist: suchen Sie sich Ihr EIGENES WARUM.

Und wenn das WARUM nicht in der Aufgabe an sich zu finden ist (ich will das machen, weil ICH es möchte), dann suchen Sie das EIGENE WARUM hinter der Aufgabe: ich will das eigentlich nicht machen, aber ich mache es trotzdem, weil ich das Ergebnis dessen will.

Konkretes Beispiel: Ihr Arbeitgeber hat Aufgaben für Sie, die Sie nicht mögen und die Ihnen nicht liegen. Sie können diesen Aufgaben jetzt ausweichen und sie aufschieben.

Oder Sie finden Ihr EIGENES WARUM. Warum mache ich das jetzt trotzdem? Weil ich meine Arbeitsstelle behalten will. Weil ich mit mir selbst zufrieden sein will. Weil ich es dann endlich aus dem Kreuz und hinter mir habe. Weil ich das positive Feedback der anderen haben will. Etc. 

Ich hoffe, dieser Beitrag ist hilfreich für Sie und unterstützt Sie darin, Ihre eigenen Vorhaben, Pläne, Ideen, Ziele und Projekte besser umzusetzen und auch zu Ende zu bringen.

Schreiben Sie mir gern einen Kommentar, ich bin gespannt, was Sie dazu denken.

Herzliche Grüße
Birgit Boekhoff

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