Das Zeitmanagement-Tool Nr. 1 für Menschen mit ADHS

WAAAS??!!!! Schon sooo spät?!?!
Mist, ich muss los…
Mist, jetzt hab ich das schon wieder nicht gemacht…
Mist, schon wieder den Topf auf dem Herd vergessen…

Es gibt sie wirklich. Die schwarzen Löcher. Und zwar nicht nur irgendwo im Universum, sondern hier auf dieser Erde. Und ich schätze mal, jeder ADHS’ler kennt sie.

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Die schwarzen Zeit-Löcher. Zack, ist sie weg. Die Zeit. „Eben waren es doch noch 15 min, ich wollte doch nur noch eben schnell…“ Und dann ist man schon wieder zu spät. Und die Zeit ist weg. Dafür ist der Frust wieder da.

Das Problem ist die Wahrnehmung

Es ist so und es wird wohl auch so bleiben: die Zeitwahrnehmung und das Zeitgefühl von ADHS-Menschen sind anders als das der anderen Menschen.

Für ADHS’ler gibt es JETZT und NICHT-JETZT.

Für alle anderen Menschen gibt es Jetzt, in 5 Minuten, in 7 Minuten, in 15 Minuten, heute abend, morgen, in 3 Tagen, in einem Jahr, … soll ich noch weiter schreiben ;-)

Die Wahrnehmung ist eine andere. Für Nicht-ADHS’ler sind 5 Minuten ziemlich konstant 5 Minuten. Für ADHS’ler sind 5 Minuten mal eine halbe Ewigkeit, mal nur ein winziger Augenblick – je nachdem, was er gerade macht und wie interessant oder langweilig das ist. Und es ist völlig unklar, was man in 5 Minuten eigentlich wirklich schaffen kann.


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Welche Rolle spielt die Zeit?

Dazu kommt, das Phänomen, dass Zeit meist keine Rolle spielt, wenn ein ADHS’ler gerade mit etwas beschäftigt ist. Sie ist einfach nicht wichtig. Wichtig ist das momentane Gefühl, die Aufgabe, die Idee im Kopf, der Mensch am Telefon, das Fertig-Werden, der Hyperfokus, etc.

Und weil Zeit dann keine Rolle spielt, wird sie auch nicht beachtet. Sie gerät aus dem Bewusstsein und gerät erst dann wieder ins Bewusstsein, wenn man zufällig von selbst wieder ins Bewusstsein auftaucht aus der momentanen Situation und Aufgabe oder wenn jemand von aussen drängelt.

Der Schlüssel: die Zeitwahrnehmung auslagern

Wie aber kann es nun gelingen, die Zeit besser zu steuern?

Es ist eigentlich ganz einfach:

Verstehen Sie Ihre Zeitwahrnehmung und verstehen Sie, dass Sie die Zeit eben nicht wahrnehmen, wenn Sie in einer Aufgabe abgetaucht sind und dass Sie die Zeit auch oft nicht passend einschätzen.

Lagern Sie ihr Zeitgefühl und Ihren Taktgeber aus.

Nutzen Sie digitale Reminder, also z.B. Handy-Timer, Vibrationsarmband, Küchentimer, TimeTimer, etc.

Alles, was sie VON AUSSEN an die Zeit erinnert ist hilfreich. Damit das Zeitmanagement nicht von Ihrer inkonsistenten Wahrnehmung abhängt.

Konkret könnte das so aussehen:

Küchentimer

Küchentimer

  • Sie stellen einen Topf mit Kochwasser auf den Herd und stellen sich sofort den Küchentimer. Wenn Sie die Küche verlassen (was sehr wahrscheinlich ist, weil Ihnen irgendetwas einfällt), dann nehmen Sie den Timer mit.
  • Sie haben einen Termin vereinbart und stellen sich beim Eintrag in den Kalender direkt eine Erinnerung ein. Aber Achtung: die Erinnerung muss klingeln, wenn sie anfangen müssen, sich aus Ihrer momentanen Tätigkeit loszueisen, nicht zum Zeitpunkt des Termins! Mehr zur Frage, wie man es zu Terminen besser pünktlich schaffen kann, finden Sie auch in diesem Beitrag.
  • Sie wollen etwas im Internet recherchieren oder auf facebook lesen und schreiben, aber Sie wissen, dass Sie darin immer versacken. Also beugen Sie vor und geben sich per Handytimer oder Timer-App eine Zeitspanne dafür ein. Wenn der Timer klingelt können Sie überlegen, ob Sie weiter machen oder aufhören.
  • Sie haben noch 20 min bis zum nächsten Termin, da können Sie ja noch schnell… BEEP! „noch schnell…“ geht meistens schief, weil es eben nicht schnell geht, sondern immer länger dauert und weil sie dann auch wieder nicht auf die Uhr schauen und auch gar nicht im Gefühl haben, wann die 20 min um sind. Also Timer stellen.
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Praxisempfehlungen für Timer

Noch ein Tipps zum Schluss: Wenn Sie sich einen Küchentimer oder einen TimeTimer kaufen, dann achten Sie darauf, dass sie einen kaufen, DER NICHT TICKT.

Sehr handlich, super simpel und günstig sind die digitalen und magnetischen Küchentimer von Rossmann. Wer es größer und mit rot ablaufender Zeit haben möchte, dem empfehle ich TimeTimer, ist etwas teurer, aber auch so ziemlich der einzige Timer, der nicht tickt und bei dem die Zeit in die „richtige“ Richtung abläuft, die unseren Sehgewohnheiten entspricht.

TimeTimer

TimeTimer

Weitere konkrete Tipps zu Zeit- und Aufgabenmanagement, Ordnung und Strukturen, Selbstorganisation, ADHS-Grundlagen und vor allem auch zum Anfangen/Umsetzen/Dranbleiben gibt es regelmäßig im Schmetterling-Club.

Wie denken Sie darüber? Wie managen Sie Ihre Zeit?
Ich freue mich über Ihre Kommentare und Ergänzungen.

Herzliche Grüße
Birgit Boekhoff

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  1. Liebe Frau Boekhoff

    Ich bin sehr mit Ihrem Beitrag einverstanden und kenne bereits einige dieser Strategien und wende Sie auch an.

    Wo ich (und auch andere aus einem Forum) immer wieder scheitern, ist die Selbstkontrolle – also den Timer stellen, um eine begrenzte Zeit zu lesen, zu puzzeln, usw. kann ich sehr wohl, aber wenn der Timer klingelt, reagiere ich die ersten paar Male drauf und kann mich zusammenreissen und aufhören. Ich gewöhne mich aber sehr schnell an den Wecker und wenn er losgeht, z.B. immer um 9pm, um meine Abendroutine anzufangen, stelle ich diesen ab und weiss jetz muss ich dann los aber kann nicht aufhören und bumm ist es 10 oder 11pm… Das frustriert mich und andere; v.a. bei Internet, Handy, ein für mich vorrangiges Thema recherchieren (gerate ich vom 100sten ins 1000ste).

    Haben Sie da auch noch einen Tipp?

    vielen Dank und liebe Grüsse
    Ursula Mayer

  2. Hallo,
    Danke für den hilfreichen Artikel und die Tipps! Das ist sehr interessant für mich.
    Ich habe bisher nie daran gedacht, dass ich ADS oder ADHS haben könnte aber schon alleine das Thema Zeitverwaltung lässt alles bei mir klingeln. Seit Jahren bin ich fast grundsätzlich zu spät, komme nicht rechtzeitig zu Terminen, verpasse Anfänge, erlebe peinliche Situationen. Entschuldigungen, Scham… Meine Tochter (13) hat Ähnliche Probleme. Da frag ich mich, ob das anerzogen bzw. abgeguckt ist oder ob sie auch betroffen ist.
    Definitiv hilft mir die Beschäftigung mit diesem Thema, da ich mich dadurch besser verstehen lerne und auch gnädiger mit mir selbst sein kann, weil mir bewusst wird, das sind nicht meine Fehler, Nachlässigkeiten … sondern ich bin einfach so. Aber ich kann lernen damit umzugehen. Mit 57 Jahren finde ich, ist das eine gute Grundlage für einen gewissen Neuanfang für die nächsten Jahre. Mir macht das Mut.
    Viele Grüße

  3. Hallo Frau Boerkhoff,

    meine Diagnose ist erst seit Dezember 2020 da und ich bin ganz froh nun zu verstehen, dass es eben eine Besonderheit ist. Ich übe 2 Jobs aus und befinde mich im Abschlusssemester an der Uni. Die Selbststrukturierung macht mich fertig, denn ich kann das nicht gut organisieren. Nach 8Jahren ging auch meine Partnerschaft daran zugrund weil mein Partner mich als jemand erlebt, der kein Wort hält oder gar nie seine Ziele erreicht.

    Ich möchte gerne erfassen wie ich mit dem ADHS leben, meinen Freunden und Job gerecht werden kann und dennoch dabei glücklich werde.

    Würde mich sehr über eine Rückmeldung per E-Mail von Ihnen freuen.

    1. Liebe Dani,
      es freut mich, dass Sie auf meinen Blog gefunden haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich grundsätzlich keine Beratung per Email anbiete. Ihnen steht der Blog mit allen Inhalten sowie einige ebooks kostenfrei zur Verfügung, darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, Ihren o.g. Fragen per Videokursen oder in meinem Coaching-Programm nachzugehen und Antworten für sich zu finden.
      Ich hoffe, hier ist etwas Passendes für Sie dabei.
      Herzliche Grüße
      Birgit Boekhoff

  4. Bereits als 1. Klasse Schüler wurde ich zum Psychologen geschickt. Dieser hat jedoch nur prüfen sollen ob ich so dumm bin wie es die Lehrerin denkt, dem war natürlich nicht so.
    Dann kam mit Beginn eines beruflichen Mobbings (trotz Akademiker stufe) der ganze Crash. Einschlafen beim Autofahren, beim ewigen beruflichen vorbereiten zu hause. Depressionen. Ich dachte darüber nach, dass es leichter wäre tot zu sein. Mit Medikamenten die mein Serotonin spiegel einstellen und mit ewigen sprachtherapien habe ich nur die Spitze vom Eisberg ankratzen können.
    Ich habe zwar meine verpflichtende Nachuniversitäre (möchte nicht nennen als was ich arbeite) Weiterbildung geschafft, bin jedoch mit 31 am Ende Alles Machbaren.
    Ich habe Frau und Kind. Ich möchte den Beruf wechseln, in dem ich erst Recht mit ADHS kaputt gehe.
    Ich hasse diesen Beruf und seine Staatsapparatur, die ihn so unmenschlich macht.

    1. Hallo „John“,
      es tut mir leid, so viel Frust von Ihnen zu lesen. Sie sind leider bei weitem nicht der einzige, der mit seiner ADHS-Konstitution in ein berufliches Umfeld geraten ist, zu dem er nicht passt und das ihn krank macht. In meinem Artikel hier habe ich mehr dazu geschrieben. http://adhs-trainerin.de/mit-adhs-erfolg-im-beruf-haben/ Dort gibt es auch einige Prüffragen, die helfen können, die aktuelle berufliche Lage zu checken und zu schauen, an welcher Stelle Veränderungsbedarf ist.
      Alles Gute für Sie!
      Herzliche Grüße
      Birgit Boekhoff

      1. Viele dieser Punkte im Link treffen auf mich zu.
        Mich macht am meisten meine alzheimer-artige Vergesslichkeit fertig.
        Selbst das Checken der Checkliste (wenn ich überhaupt eine mal anlege) vergesse ich.
        Alles vergesse ich. Täglich meine Zahnschiene, die Tür abzuschließen.
        Neulich war ich zu Besuch. 5-6 mal war ich im Badezimmer und wollte meine Bekannten danach fragen was das da an der Wand ist.
        Jedesmal habe ich es vergessen. Es ging schon so weit, dass ich mit mir selbst wetten eingegangen bin, dass ich es doch diesmal wieder vergessen werde aber wiederum, dass das doch aber diesmal nicht sein könne.
        Aber ich habe es dann doch wieder vergessen.
        Als Kind hatte ich mal einen IQ Test gemacht und das Ergebnis lag bei über 140.
        Wahrscheinlich war das der Grund, dass ich überhaupt studieren konnte, aber jetzt kommt der Börsencrash…

        1. hatten Sie schon einmal eine kompetente ADHS-Unterstützung? Ich kann Ihnen für Ihre Situation mein Online-Gruppen-Coaching sehr empfehlen, dort lernen Sie, sich besser zu organisieren und auch Ihr Verhalten und sich selbst besser zu steuern. Und Sie erleben auch, dass es noch viele andere Menschen gibt, die die gleichen Erfahrungen machen wie Sie und dass es Wege gibt, etwas zu verändern. Alle Infos dazu finden Sie hier: http://www.adhs-trainerin.de/schmetterlingclub

      2. Das Problem ist, dass ich erst ärztlich auf ADHS getestet werden muss und Praxen und Termine finden ist fast unmöglich…

  5. Ich kann die Beobachtungen und die Tipps zum Thema Zeit sehr gut nachvollziehen. Vielen Dank dafür. So erlebe ich mich im Alltag ständig. Im Berufsleben klappt es aber inzwischen recht gut mit der Zeiteinteilung, da ich eine feste Agenda habe, nach der ich arbeite und immer mit einer Uhr, die nicht tickt. Im Privatleben, vor allem im Alltag mit Schulkindern ist es oft extrem stressig für mich, da ich die vielen parallelen Zeitpläne der Familienmitglieder im Auge behalten und aufeinander abstimmen muss. Dann hetze ich dem Zeitplan hinterher und bin total erschöpft und ausgelaugt. Mein Bedürfnis nach zeitloser Zeit, d.h. sich im Tun ohne Zeitbegrenzung zu verlieren, wird dann immer grösser…..

    1. „Mein Bedürfnis nach zeitloser Zeit, d.h. sich im Tun ohne Zeitbegrenzung zu verlieren, wird dann immer grösser…“

      Ja, das gehört zu Ihnen und ist in Ihnen „eingebaut“. Sie brauchen das. Alle ADHS-Menschen (und eigentlich alle anderen auch) brauchen das. Schaffen Sie sich solche Zeiten in Ihrer Woche, es ist für Ihre Gesundheit und Zufriedenheit notwendig.

      1. Das ist sehr schön formuliert ;-) Vielen Dank! Das kenne ich sehr sehr gut. Mein (altes) Umfeld war mit diesem „rumtrödeln“ und „abhängen“ verbal nicht sehr gnädig. Solange das so aussah wie „Arbeit“ z.B. im Garten war’s aber okay.

  6. Hallo Frau Boekhoff,
    auch mir spricht der Bericht aus der Seele. Genauso ist es ständig bei mir (obwohl die ADHS-Diagnose nicht eindeutig ist). Es tut so gut zu wissen, dass man nicht alleine dasteht mit seinem Problem, welches einen letztendlich selber immer wieder am meisten kränkt (nicht die nur die Wartenden) und das Selbstbewusstsein angreift.

  7. Liebe Birgit, mit diesem Blogartikel sprichst Du mir aus der Seele :-)
    ich hatte erst am Wochenende ein Gespräch mit einer Bekannten zum Thema Pünktlichkeit. Sie hasst es und verbannt alle Leute, die zu spät kommen. Ich habe ihr genau das erklärt, dass es eben Menschen gibt, die nicht mit Absicht zu spät kommen, sondern die ein problem mit der zeit haben und das automatisch zu einem Stressfaktor für sie wird, weil sie es selbst wissen und sich jedes Mal auf`s Neue vornehmen „heute bin ich pünktlich“
    Danke für den Beitrag
    LG Annett

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